Corona-Kredite lasten auf Unternehmen, viele KMUs können diese nicht tilgen

Die schwächelnde Wirtschaft, die gestiegenen Zinsen, die hohe Inflation und die kurze Laufzeit der Kredite haben sich zu einem giftigen Mix entwickelt

Die Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) werden in Österreich gerne als Rückgrat der Wirtschaft bezeichnet. Rund 582.500 KMUs beschäftigen hierzulande fast 2,5 Millionen Menschen und erwirtschafteten laut Forschung zuletzt einen Umsatz von rund 611 Milliarden Euro. Viele Unternehmen, die in die Klassifizierung KMU fallen, hatten mit der Pandemie und den Folgeproblemen – Lieferengpässen, steigender Inflation, hohen Zinsen – stark zu kämpfen. Um über die Runden zu kommen, wurde auf Corona-Kredite zurückgegriffen. Doch die wirtschaftliche Lage ist nach wie vor mau. Heuer wächst die Wirtschaft laut Wifo und IHS weniger stark als erwartet. Die beiden Institute erwarten für dieses Jahr lediglich ein Plus von 0,2 bzw. 0,5 Prozent.

Von daher überrascht es nicht, dass noch immer viele KMUs mit den Folgen der Pandemie kämpfen. Eine Umfrage unter 978 KMUs, die vom Finanzombudsteam in Auftrag gegeben wurde, zeigt, dass 43 Prozent der Unternehmen ihre Kredite aktuell nicht zurückzahlen können. Insgesamt gaben 758 der befragten Unternehmen an, infolge der Corona-Maßnahmen ab dem 1. April 2020 einen Kredit aufgenommen zu haben. Rund drei Viertel der befragten Unternehmen haben einen staatlich garantierten Kredit über die Förderbank AWS oder ÖHT (Österreichische Hotel- und Tourismusbank) in Anspruch genommen. Ein Viertel hat zusätzliche Kredite ohne Garantien aufgenommen.

Laufzeiten verlängern

„Mit 86 Prozent der befragten Unternehmen gab ein Großteil an, ihren Corona-Kredit bis dato nicht zurückbezahlt zu haben. Alarmierenderweise sagen 43 Prozent dieser Unternehmen, dass sie ihre staatlich garantierten Finanzierungen oder Kredite voraussichtlich überhaupt nicht zurückzahlen werden können“, teilt Gerald Zmuegg, Sanierungs- und Kreditexperte vom Finanzombudsteam, in einer Aussendung mit. „Diese Entwicklung ist schockierend“, sagt Zmuegg. Bereits seit Ende 2020 weise sein Team das Finanzministerium darauf hin, dass die Laufzeiten vieler dieser Kredite zu kurz seien. Es hätte bei der Kreditvergabe klar sein müssen, dass die vorgegebenen Maximallaufzeiten nicht realistisch sind. Die AWS-Kredite laufen großteils mit 31.12.2024 aus, ÖHT-Kredite 2025. „Je näher das Ende der Laufzeit, umso höher werden die Ausfälle“, warnt Zmuegg. Laut vorliegenden Daten geht das Finanzombudsteam davon aus, dass mit 31.12.2023 bereits 300 Millionen Euro beim AWS (etwa zehn Prozent der Kredite) ausfallgefährdet sind.

Das AWS gibt auf STANDARD-Nachfrage an, Unternehmen im Rahmen der gegebenen EU-beihilfenrechtlichen Möglichkeiten mit Stundungen und Laufzeitverlängerungen zu unterstützen. „Wenn eine weitere Stundung der AWS-Garantie für Covid-Überbrückungskredite aus EU-beihilfenrechtlichen Gründen nicht mehr möglich ist, hängt es vom Vorgehen der finanzierenden Banken ab“, erklärt ein AWS-Sprecher. Es könnten weitere Stundungen bzw. Laufzeitverlängerungen oder Neukreditvergaben durch die finanzierenden Banken auch ohne AWS-Garantie erfolgen.

Gespräche mit Kreditgebern

Die Inanspruchnahme von AWS-Garantien ist abhängig von der Art der Garantie: Bei den 100-prozentigen Covid-Überbrückungsgarantien ist es laut dem AWS-Sprecher der Verzug (d. h., das Unternehmen kann nicht zahlen), damit die AWS-Garantie in Anspruch genommen werden kann. Bei den 80- und 90-prozentigen Covid-Überbrückungsgarantien stellt die formelle Insolvenz des Unternehmens den Haftungsfall dar. Für etwaige Ausfälle aus den AWS-Garantien sei jedenfalls vorgesorgt. Diese Vorsorge erfolge nicht nur in Form von Rücklagen, sondern auch über die Systematik der AWS-Garantien, die eine Schadloshaltung durch den Bund vorsieht.

Zu Gesprächen mit den Kreditgebern rät auch Zmuegg. Derzeit würden für rund 200 betroffene Unternehmen außergerichtliche Gespräche geführt und diese bei der Dokumentation von Beratungsfehlern der Banken in Gerichtsprozessen begleitet. „Das Zynische an der Situation ist, dass hier Unternehmen in den Konkurs getrieben werden, die grundsätzlich aufgrund des Geschäftsganges vor Corona ein funktionierendes Geschäftskonzept und eine gesunde Finanzierungsstruktur hatten. Jetzt bräuchten sie im Grunde nur mehr Zeit“, sagt Zmuegg.

Die vorliegende Umfrage lasse zudem auch darauf schließen, dass die vom KSV prognostizierten Firmenpleiten 2024 nicht bei 6200, sondern auf bis zu 10.000 Fälle steigen werden. (Bettina Pfluger, 29.7.2024)

Quelle: derstandard.at