Die Nöte von Klein- und Mittelbetrieben bei der Finanzierung


Nach der Corona-Ersthilfe durch den Staat stehen Klein- und Mittelbetriebe unter Druck. So manche Hausbank ist beim Überbrückungskredit für Gestundetes nicht zimperlich

Luise Ungerboeck 31. Oktober 2021

Wien – Die Corona-Krise mit diversen staatlichen Hilfen und Stundungen von Steuer- und Sozialversicherungsvorschreibungen prasselt nun mit voller Wucht auf Klein- und Mittelbetriebe (KMU) nieder. Wiewohl der Konjunkturmotor läuft, die Betriebe wieder Perspektiven haben, werden nach und nach gestundete Zahlungen fällig, teils sind Staatshilfen wie Umsatzersatz oder Ausfallbonus noch ausständig.

Das bringt insbesondere Gastronomie- und Gewerbebetriebe unter Druck, denn Betriebsmittelkredite sind ebenso zu bedienen wie Investitionskredite. Kreditstundungen, Laufzeitverlängerungen und Umschuldungen sind deshalb gefragt. Auf ihre Hausbanken, vielfach sind das Regionalbanken, die ihr Ohr erklärtermaßen besonders nah an der lokalen Wirtschaft haben, sollten sich die Geschäftsleute dabei allerdings nicht ausschließlich verlassen. Denn viele von ihnen setzen ihren Kunden die Daumenschrauben an.

Verpfändung der Garage

Von einem Freizeitcenterbetreiber verlangte die Hausbank beispielsweise die Verpfändung der Garage – obwohl das Unternehmen vor der Krise gesund und nie in Zahlungsschwierigkeiten war. Selbst der Zustrom an neuen Mitgliedern setzte nach den Lockdowns wieder ein. Ohne zusätzliche Sicherheiten würden die Kredite fällig gestellt, beschied das Institut dem Unternehmen – obwohl die Eigenkapitalquote 20 Prozent überstieg und das Center vor der Krise gut aufgestellt und liquide war, also unverschuldet unter Druck geriet. Sogar Fortführungsprognosen wurden verlangt, was bei 20 Prozent Eigenkapitalquote ungewöhnlich ist.

Gemäß Unternehmensreorganisationsgesetz sind Maßnahmen zur Verbesserung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage fällig, sobald die Eigenkapitalquote zehn Prozent unterschreitet. Die Kreditwirtschaft rechtfertigt die Vorgangsweise mit den strengen Eigenmittelanforderungen und Risikovorsorgen seitens der Europäischen Zentralbank und Bankenaufsicht.

Umfangreiches Waffenarsenal

Wohl empfiehlt die Finanzmarktaufsicht (FMA) den Kreditinstituten, Kredite nicht fällig zu stellen. In der Praxis verfügen die Banken und Sparkassen aber über ein Arsenal an Instrumenten, die vor der Krise erst bei ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten zum Einsatz kamen. Die Palette reicht von der persönlichen Haftung der Geschäftsführer über Verpfändungen von Anteilen, Beibringung zusätzlicher Sicherheiten, Eigenkapitalzufuhr bis hin zum Einfrieren von Geschäftsführergehältern oder der Rückführung von Gesellschafterdarlehen.

Je nach Situation werde eine Verlängerung eines Betriebsmittelkredits zunächst an zwei dieser Kriterien gekoppelt, „und so geht es bei jeder weiteren Verlängerung weiter“, schildert ein Bierbrauer, der auch Gaststätten betreibt. Geendet hat sein Tauziehen mit der Hausbank mit einem Wechsel des Instituts – zu marktüblichen Konditionen –, das kein derartiges Branchenrisiko in den Büchern hatte. Ins Geld geht auch, dass Gewinn- und Verlustrechnung sowie Liquiditätsplanung für fünf Jahre vorzulegen sind, und zwar mit Attest eines Steuerberaters.


Regelwerk unzureichend


„Das Regelwerk ist unzureichend für Klein- und Mittelbetriebe, denn es unterscheidet nicht, ob Eigen- oder Fremdverschulden vorliegt“, kritisiert Finanzombudsmann Gerald Zmuegg, ein ehemaliger Banker, der sich als Berater und Vermögensverwalter selbstständig gemacht hat und KMUs bei Verhandlungen mit Banken beisteht. Er fordert die Umsetzung der seitens der Politik immer wieder versprochenen eigenkapitalstärkenden Maßnahmen für KMUs. Diese seien nach der Corona-Krise doppelt notwendig, denn nun seien die Reserven vielfach aufgebraucht. Bisweilen kommen auch die erwarteten Corona-Hilfen nicht im beantragten Ausmaß, die Stundungen seien aber bereits ausgelaufen, und Tilgung sei gefragt.

Es geht ums Geld

Initiativen wie „Stolz auf Wien“, bei der Investoren im Wege einer Beteiligungsgesellschaft der Stadt Wien befristet stille Beteiligungen eingehen, sieht Zmuegg nur bedingt als Alternative. Zwar lägen die Zinsen mit sechs Prozent im Rahmen des Üblichen, als Ersatz für einen Überbrückungskredit zu Nullzinsen (bis Staatshilfen fließen), den Hausbanken früher anstandslos gewährten, seien sie aber zu teuer. Das macht Vertragsänderungen schwierig, denn die gibt es auch im Kreditbereich nur im Einvernehmen. (Luise Ungerboeck, 30.10.2021)

Quelle: derstandart.at https://www.derstandard.at/story/2000130807931/die-noete-von-klein-und-mittelbetrieben-bei-der-finanzierung