Österreichs Klein- und Mittelbetriebe kämpfen weiter mit den Folgen der Pandemie. Laut Umfrage vom Finanzombudsteam haben 86 Prozent der Betriebe, die einen Corona-Kredit beim Austria Wirtschaftsservice (AWS) oder bei der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) benötigten, diesen noch nicht zurückbezahlt.
Fast die Hälfte der Klein- und Mittelunternehmen (43 Prozent) gibt sogar an, dass sie die Corona-Hilfen voraussichtlich gar nicht ganz wird bedienen kann. Wenn die Rückzahlungskonditionen für die staatlich garantierten Hilfen nicht gelockert werden, befürchtet Finanzombudsmann Gerald Zmuegg, dass die für heuer erwarteten 6200 Firmenpleiten deutlich übertroffen werden.
„Bis zu 300 Mio. Euro an AWS-Krediten akut ausfallsgefährdet“
Der Experte warnt: „Bis zu 300 Millionen Euro an staatlich garantierten AWS-Krediten – das Gesamtvolumen beträgt 3,353 Milliarden Euro – sind akut ausfallsgefährdet! Die Insolvenzwelle könnte sich damit deutlich höher aufbauen als vom Kreditschutzverband prognostiziert.“ Im Worstcase rechnet er mit bis zu 10.000 Unternehmenspleiten in diesem Jahr.
In einer Studie unter 978 Klein- und Mittelbetrieben, die in der Transparenzdatenbank der Corona-Hilfszahlungen gelistet sind, wurde vom 7. bis 24. Juli deren finanzielle Situation untersucht. Insgesamt gaben 758 der befragten Unternehmen an, infolge der Corona-Maßnahmen ab dem 1. April 2020 einen Kredit aufgenommen zu haben.
86 Prozent der Firmen konnten Kredit bis dato nicht zurückzahlen
Rund drei Viertel der befragten Unternehmen haben einen staatlich garantierten Kredit über AWS oder ÖHT in Anspruch genommen. Ein Viertel sah sich gezwungen, zusätzliche Kredite ohne Garantien aufzunehmen. Sanierungs- und Kreditexperte Zmuegg: „Mit 86 Prozent der befragten Unternehmen gab ein Großteil an, ihren Corona-Kredit bis dato nicht zurückbezahlt zu haben.“
Überprüfung von möglichen Beratungsfehlern empfohlen
Er empfiehlt jenen Unternehmen, die bereits mit Rückzahlungsproblemen kämpfen oder sich in Sanierung befinden, eine Überprüfung von möglichen Beratungsfehlern, sowohl gegen die Hausbank als auch gegen die Förderstelle. Weitere Möglichkeiten seien der Versuch, bei der Bank den Kredit ohne Sicherheit zu verlängern, die Prüfung von Ansprüchen gegenüber dem Staat oder die Klage auf Teilrückabwicklung, um so eine Verlängerung zu erreichen.
„Die Entwicklung ist schockierend“, erklärt Zmuegg. „Bereits seit Ende 2020 haben wir das Finanzministerium darauf hingewiesen, dass die Laufzeiten dieser Kredite zu kurz sind. Leider wurden unsere Warnungen nicht ernst genommen. Es hätte bei der Kreditvergabe klar sein müssen, dass die vorgegebenen Maximallaufzeiten nicht realistisch sind. Je kürzer der Abstand zur Fälligkeit, desto höher werden die Ausfälle. Die AWS-Kredite laufen großteils mit 31. Dezember 2024 aus, ÖHT-Kredite 2025. Je näher das Ende der Laufzeit, umso höher werden die Ausfälle.“
Finanzombudsteam begleitet 200 betroffene Unternehmen
Das Finanzombudsteam führt derzeit für rund 200 betroffene Unternehmen außergerichtliche Gespräche beziehungsweise begleitet diese bei der Dokumentation von Beratungsfehlern der Banken in Gerichtsprozessen. Zmuegg: „Das Zynische an der Situation ist, dass hier Unternehmen in den Konkurs getrieben werden, die grundsätzlich aufgrund des Geschäftsganges vor Corona ein funktionierendes Geschäftskonzept und eine gesunde Finanzierungsstruktur hatten. Jetzt bräuchten sie im Grunde nur mehr Zeit.“